Einseitige Rekonstruktion mit 3D-Tattoo nach Brustkrebs
Die Diagnose Brustkrebs stellt für viele Frauen eine tiefgreifende Veränderung in ihrem Leben dar. Nach einer erfolgreichen Behandlung bleibt oft noch ein letzter Schritt, um das Gefühl der Vollständigkeit wiederzuerlangen: Die Rekonstruktion der Brustwarze. Dafür gibt es verschiedene Methoden und hier kommt die realistische 3D-Tätowierung ins Spiel.
Mit einer medizinischen Tätowierung kann die Illusion einer natürlichen Brustwarze geschaffen werden, die nicht nur optisch überzeugt, sondern auch dazu beiträgt, das Körperbild in der eigenen Selbstwahrnehmung wiederherzustellen.
Es ist für die betroffenen Personen (ganz überwiegend Frauen) nach wie vor leider gar nicht so einfach, vorab an Informationen -und vor allem Bildmaterial- zu kommen.
Wie sieht so etwas aus? Und wie lang ist der Weg zu einem zufriedenstellenden Ergebnis?
Genau aus diesem Grund, weil es ihr genauso erging, hat sich diese Kundin dazu entschlossen, unsere Fotos ihrer Rekonstruktion zur Veröffentlichung freizugeben. So dass ich nun für dich als Leser*in einmal beispielhaft den Ablauf einer Brustwarzenrekonstruktion bei uns hier in Göttingen zeigen kann.
Die Schritte bei einer medizinischen Tätowierung von Extend the Scope
- Vorbesprechung, am besten persönlich. Im Anschluss Rücksprache mit den behandelnen Ärzten und Antrag auf Kostenerstattung bei der Krankenversicherung einreichen. Wenn alle grünes Licht gegeben haben (in diesem Fall lag die Antwort der Krankenkasse nach drei Wochen vor):
- Der erste Tattootermin
- Kontrolle drei Wochen nach dem ersten Termin
- Der zweite Tattootermin (in diesem Fall sechs Wochen nach dem ersten Tattootermin)
- Kontrolle drei Wochen nach dem zweiten Termin
- Abschlusskontrolle nach einigen Monaten.
Es können auch weitere Termine nötig sein, schließlich handelt es sich bei sowas immer um Gewebe, welches bereits durch die Operation/en viel erlebt hat, das „benimmt“ sich anders normal. Der Umgang damit sollte einfach vorsichtig sein. Daher sind es bei uns immer zwei Termine – aber in nahezu allen Fällen reichen die für ein schönes Ergebnis.
Der erste Tattootermin für die 3D-BWR
Die Aufgabe war hier, als Abschluss nach der Krebsbehandlung und dem Wiederaufbau (hier durch DIEP-Flap) die fehlende linke Brustwarze vollständig (also Mamille und Areola) zu rekonstruieren. Die rechte Brust mit der gesunden Brustwarze wurde für ein harmonisches Gesamtbild verkleinert, daher sind auch auf der rechten Seite Narben vorhanden.
Es ist nicht ungewöhnlich, wenn, so wie hier, eine Areola nach einer Operation einen Teil ihrer Farbe verloren hat.
Ich arbeite freihand, das bedeutet: Ich mache kein Stencil der vorhandenen Brustwarze, um sie als gespiegelten Abdruck auf der anderen Seite anzubringen. Sondern ich nehme die vorhandene Brustwarze in ihrer Form, Ausprägung und den Proportionen als Vorbild, um gemeinsam mit meiner Kundin in der Vorzeichnung direkt auf ihrem Körper das möglichst natürlich wirkende Gegenstück zu entwickeln.
Wir haben also im ersten Tattootermin zuerst exakt vermessen und die richtige Position bestimmt. Dabei ist mathematische Genauigkeit extrem wichtig – aber mir ist noch nie ein Körper untergekommen, der perfekt symmetrisch war. Der eigentliche Trick liegt dann in der bewussten minimalen Abweichung, und zwar hin zur optischen Ausgewogenheit und nicht zuletzt zu dem Zustand, der sich für meine Kundin als „So ist es nun richtig“ anfühlt.
Dann haben wir ihre Farbtöne bestimmt. Dieser Arbeitsschritt ist derjenige, dessen Dauer am wenigsten vorherzusagen ist, ich orientiere mich dabei am Hauttyp, an den Farben der anderen Brustwarze (sofern die noch vorhanden ist) und natürlich an den Wünschen der Kundin.
Das heißt: Wie schon bei Platzierung und Form treffe ich auch mit den Farbtönen die Vorauswahl, welche meiner Ansicht nach das beste Ergebnis verspricht – das Bauchgefühl der Kundin ist aber entscheidend. Tätowiert wird erst, sobald sie sagt, dass sich diese Farbwahl nun richtig anfühlt.
Also haben wir die Grundlage für die optische Rekonstruktion der rechten Brustwarze tätowiert und in der linken im Brustwarzenhof noch minimal einen Hauch eingebracht, um den postoperativen Farbverlust auszugleichen. Im Foto unmittelbar nach dem Tätowieren sind noch die Reste meiner Vorzeichnung zu sehen sowie ein ganz wichtiges Phänomen:
Frisch tätowierte Brustwarzen zeigen niemals das tatsächliche Ergebnis!
Die Farben wirken immer erstmal deutlich quietschiger, als sie tatsächlich sind.
Den ersten Tattootermin kann man immer als eine Art Test sehen, wie das Gewebe das Tätowiertwerden verarbeitet und wie sich die Farben mit der Heilung entwickeln. Weil man auch nie mit Sicherheit voraussagen kann, ob und wie gut die Tattoofarbe bei einer 3D-Brustwarzenrekonstruktion angenommen wird, beginne ich vorsichtig: Lieber zu hell als zu dunkel, denn es gibt auch Konstellationen, bei denen Farben mit der Heilung dunkler werden können.
Um zu entscheiden, wie wir weitermachen findet deshalb drei Wochen nach dem ersten Tattootermin eine Kontrolle statt um zu sehen, ob und wieviel der Farbe von der Haut angenommen wurde und wie die Farbtöne im Zusammenspiel mit der Eigenpigmentierung der Haut wirken. Es ist natürlich perfekt, wenn die Kontrolle -wie hier- als persönlicher Besuch erfolgen kann:
Dies ist das Zwischenergebnis drei Wochen nach dem ersten Termin, wir waren beide sehr zufrieden, wie sich die Farbtöne während der ersten Heilung entwickelt haben!
Der zweite Tattootermin für die 3D-BWR
Im zweiten Termin (sechs Wochen nach dem ersten) konnten wir uns somit voll auf die Perfektionierung der linken Brustwarze konzentrieren: Ausarbeitung der Kontraste und einiger Details in Mamille und Areola. Auch nach diesem Termin sah es frisch erstmal leuchtend quietschig aus, was sich mit der Heilung wieder wie erwünscht und erwartet gelegt hat. Hier nun das Ergebnis:
(Die Narben sind auf dem Ergebnisfoto etwas röter als zuvor, weil parallel zu unserem Tattooprojekt zur Rekonstruktion der Brustwarze eine ärztliche Laserbehandlung der Narben begonnen wurde.)
Wichtig zu wissen:
- Gute Tattoopflege ist natürlich während des gesamten Vorgangs wichtig, wobei ich da speziell bei dieser Art von Tätowierung den Eindruck habe: Die BW-Rekonstruktions-Kund*innen nehmen das sehr genau.
- Bei Extend the Scope werden keine Änasthetika benutzt, eine Betäubung ist auch gar nicht nötig.
- Kontrolluntersuchungen (MRT) sind weiterhin möglich, selbst mit einer ganz frisch tätowierten Brustwarze.
- Mit einer Tätowierung kann nur die Illusion einer plastischen Brustwarze erzeugt werden, kein tatsächliches Volumen im Bereich der Mamille. Ein Foto aus seitlicher Perspektive gibt einen guten Eindruck davon:
Eine Tätowierung kann, nicht nur durch das Resultat, sondern auch durch den Vorgang an sich, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Wiederherstellung der gefühlten Integrität des eigenen Körpers sein. Insbesondere, wenn davor eine so lange herausfordernde Zeit wie die Brustkrebsbehandlung liegt, kann (meinem Eindruck nach) ein Tattoo wie eine Zäsur dafür wirken, dass nun der nächste Lebensabschnitt beginnen kann.
Wenn du nach einer Mastektomie, egal ob mit anschließendem Wiederaufbau oder nicht, den Wunsch nach zwei Brustwarzen spürst, kann eine Rekonstruktionstätowierung die ideale Lösung sein. Ich bin hier, um dich durch den gesamten Prozess zu begleiten und dir dabei die bestmögliche Betreuung zu bieten.